Truppenparade am Kornmarkt in Bregenz

Erst um 15.00 Uhr des 12. März 1938 marschierte die Masse der deutschen Soldaten nach Bregenz. Sie war bis dahin in Lochau in Bereitschaft gestanden. Außerdem kamen drei Hundertschaften Polizei ins Land, die vor allem die Grenzüberwachung vorzunehmen hatten. Erst zwischen dem 15. und 17. März wurden auch die übrigen Landesteile besetzt.

Die ständigen und disziplinierten Militärparaden, an denen teilweise auch das österreichische Bundesheer teil­nahm, war es doch vorerst dem deutschen Heer gleichgestellt, machten auf die Bevölkerung einen tiefen Eindruck und erweckten bei vielen ein neues Bewusstsein von Stärke und Nationalismus.

Obwohl sich eine überwiegende Mehrheit der Vorarlberger aus meist wirtschaftli­chen Gründen 1919 für einen Anschluss an die Schweiz ausgesprochen hatte, fühlte man sich im Lager aller Parteien im Herzen als Deutsche. Noch wirkten die Erinnerungen an das deutsche Bündnis im Ersten Weltkrieg und an die als unge­recht und erniedrigend empfundenen Friedensverträge von Versailles und St. Germain nach.

Außerdem bestanden in Vorarlberg enge sportliche und kul­turelle Kontakte zum süddeutschen Raum.

Eine österreichische Identität begann sich erst allmählich zu entwic­keln. Selbst Landeshauptmann Otto Ender hatte sich stets für einen Anschluss an Deutschland ausgesprochen und als Bundeskanzler 1930/31 intensiv eine Wirt­schaftsunion mit Deutschland angestrebt.

Geblendet von der deutschnationalen Propaganda wussten nur die allerwenig­sten, dass es Hitler bei der Angliederung Österreichs in erster Linie um wirtschaft­liche und militärstrategische Ziele ging.

Österreich besaß reiche Bodenschätze, Energiequellen, Gold- und Devisenreserven, wertvolles „Soldatenmaterial“ und eine geographische Schlüsselstellung für die geplante Beherrschung Südosteu­ropas.